Umfassende Bereiche:
"Hyper-Dialektik"
- Hyperstruktur der Dialektik
und Dialektik des Hypertextes -
Wissen und Erfahrungen sind im Gedächtnis nicht als sequentiell
ablaufender Film oder alphabetisch geordnete Karteiblätter
geordnet. Sie sind auch nicht nur linear in einer durchnumerierbaren
Gliederungsfolge aufgestrippt. Informationen und Wissensinhalte
sind im Gedächtnis komplex vernetzte Strukturen (Schnupp,
Hypertext, Wien 1992). Wissenskomplexe enthalten dabei einzelne
Pakete als Elemente, aber diese liegen nicht in exakt getrennten
Schubladen, sondern sind vielfältig miteinander verbunden.
Für solche komplexen Systeme ist es nun aber typisch, daß
die Beziehungen genau so wichtig sind wie die Elemente selbst,
bzw. daß Beziehungen und Elemente auch ihre Plätze
austauschen können (Schlemm, Daß
nichts bleibt, wie es ist..., 1996).
In Hypertexten wird auch in der externen
(nicht im Kopf) förmlichen Repräsentation des Wissens
der inhaltlichen Komplexität verstärkt Rechnung getragen.
Die Wiedergabe von Wissensinhalten hat sich historisch schon oft
verändert. Die Rezeption von Büchern und die Buchproduktion
war nicht schon immer die überwiegende Methode zur Wissens-
und Informationsspeicherung und -übermittlung. Das Gespräch
prägte typisch Denkmethoden der Dialektik. Als auf Schriftrollen
geschrieben wurde, prägten sich diese dem Denken so sehr
auf, daß sich das Denken und das Sein seitdem zu ent-"wickeln"
hat. Das mittelalterliche Kulturgut wurde wesentlich dadurch getragen,
daß in die zentral verfügbaren Exemplare der Schriften
Kommentare und Randbemerkungen direkt hineingeschrieben und später
mitkopiert und mittradiert wurden. Hypermediale Informationsverarbeitung
ist ein weiterer Schritt (der weder das Gespräch, noch den
linearen Text völlig ersetzen wird) und muß genauso
gelernt werden wie das "Lesen" (vgl. Kuhlen, Hypertext,
Heidelberg,New York 1991).
Bei der Wissens- und Informationsaufnahme durch das "Lesen"
erfolgt - spätestens in den höheren Schuljahren - im
allgemeinen kein Auswendiglernen der einzelnen Abschnitte mehr,
sondern es wird selektiv "geschmökert" (browsing).
Die (meist allerdings sequentiell dargebotenen) Informationen
werden in das Gedankennetz im eigenen Kopf eingeordnet, dabei
i.a. umstrukturiert. Schon das wird meist nicht mehr richtig gelernt
oder gelehrt. Bei Hypertexten (oder allgemein Hypermedien) wird
nun auch die Quellinformation nicht-sequentiell angeboten. Hier
wird eine "Schulung" des Schmökerns noch wichtiger,
damit man nicht "verlorengeht im Hyperraum" ("lost
in Hyperspace"). Das sollte eine der zukünftig als selbstverständlich
angesehenen Kulturtechniken des 21. Jahrhunderts sein. Meiner
Meinung nach wird dabei auch eine andere Form des Denkens geschult,
die wegkommt vom "Karteikartenziehen", hin zu assoziativ-kreativem
Denken.
Die Struktur eines Hypertextes muß nicht nur strengen (automatisierbaren)
formal-logischen Strukturen folgen, sondern kann Gedanken assoziativ
verdeutlichen (Bilder, Animationen) oder sogar Stimmungsfarben
tragen (Ton, Bilder, Filme, Gedichte). Ich selbst bevorzuge die
zweite Variante (obwohl ich sie nicht vollständig selbst
gestalten kann), weil ich denke, daß auch in meinem Kopf
die logischen Gedankenketten eingebettet sind in einen nicht unwesentlichen
nicht formalisierbaren Kontext. Vielleicht bietet diese neue Form
auch die Möglichkeit, nicht nur objektivierbare Aussagen
über die "Dinge da draußen" mitzuteilen,
sondern auch meine inneren Zustände, die meine Sicht auf
diese Dinge, also "meine Welt" wesentlich mit
tragen.
Da mir dies auch wichtiger ist, als wissenschaftliche Zitierindicees
oder akademische Reputation kann ich auch darauf vertrauen, daß
sich in der Internet-"Gemeinschaft" ähnlich denkende
und empfindende Menschen finden, die sich ermuntert fühlen,
zu diesen Inhalten und auch Formen zu stehen. Dann kann das Internet
auch mehr werden als ein permanentes Geplapper und Geplärre
voller Informationsmüll, in dem jeder nur allen anderen zuruft,
daß er ihnen jetzt auch was sagen könnte - wenn er
was zu sagen hätte...
2. Dialektik
Die Dialektik, wie ich sie in der philosophischen Tradition seit
Plato über Hegel und Marx verstehe, ist von sich aus nicht
linear.
Ihr wird oft der Vorwurf gemacht, sie vollziehe in der Triade
"These - Antithese - Synthese" eine treppenförmige
Aufwärtsbewegung. Dies trifft aber nur eine äußerst
vereinfachte Dialektik-Darstellung. Obwohl z.B. bei Hegel die
Zielorientierung im Absoluten nicht zu verkennen ist, werden gerade
seine Denkmuster eher durch sich vernetztende "Kreise von
Kreisen" gekennzeichnet - also etwas ganz anderes als dreistufige
Treppenabsätze.
Die Präsentation von dialektischem Denken (und die Dialogführung
in sog. dialektischen Gesprächen) vollzieht sich aber formell
tatsächlich in einer eher gerichteten Struktur. Argumentationsketten,
Vertiefungen, Erweiterungen, Evolutions- "stammbäume"
aller Art folgen in den allermeisten Fällen entweder einer
logischen oder einer zeitlichen Linearität. Im günstigsten
Fall laufen diese beiden Denkprozesse parallel (Dialektik des
Logischen und Historischen). In meinem Buch
"Daß nichts bleibt, wie es ist..." bot sich dieser
tatsächlich existierende Zusammenhang
auch an.
An anderen Stellen ist die Erwartung der durchnumerierbaren Reihenfolge
in der Argumentation aber direkt irreführend. Manchmal gibt
es keine prozessuale Reihenfolge in dem Sinne "Aus 1 wird
2" oder keinen logische Schluß "Aus A folgt B".
Reale Dinge/ Prozesse und Wissensinhalte befinden sich oft sozusagen
parallel/ gleichberechtigt/ gleichwertig auf einer Ebene.
Die bisher übliche sequentielle Schreibweise zwingt jedoch
zu einer Nacheinanderbehandlung dieser Elemente und erlaubt die
Darstellung jeweil nur einer weiterführenden Beziehung. Diese
"Linearisierung" ist dem Autor meist noch bewußt
und er weiß, daß es in seinem Kopf ja anders ist.
Der Leser dagegen wird dazu verleitet, unbewußt eine Reihenfolge
und/oder Wertung zu denken. Außerdem fehlt ihm ja tatsächlich
eine Vielfalt von Beziehungen, die der Autor zwar kennt, die er
aber in das Text-Aneinanderreihen nicht reinbringt.
Diesen Inhalten kann die informationelle Form nur folgen, wenn
sie sich von dem Zwang zur Linearisierung löst. Der Hypertext
ist eine Möglichkeit dafür (siehe 1.).
Meine These in diesem Zusammenhang ist, daß auch die
Dialektik in ihrem philosophischen Gehalt von der Hypertext-Form
profitieren kann. Das dialektische Denken muß das Eine
im Vielen, das Ganze im Mannigfaltigen, die Identität in
den Unterschieden aufzeigen, dabei aber das Viele, Mannigfaltige,
Unterschiedliche nicht einfach zu einem Brei "vermixen",
sondern gerade durch eine Synthese des Differenzierten
die tieferen Strukturen des Seins ausloten. Die Synthese ist dabei
kein bloßes Aufsummieren, kein reines erstarrtes Staunen
vor dem "Sprung", der das Neue (die Emergenz) erzeugt.
Die Synthese muß die wesentlichen Beziehungen widergeben,
die tatsächlich das komplexe Spiel der Wechselwirkungen tragen.
Hier verbietet sich die Durchnumerierung, sondern ein NETZ ist
die adäquate Form.
In wirklicher Dialektik war das schon immer so gemeint. Ich habe
also keine neue Form von Dialektik erfunden. Ich denke aber, daß
die neuen Möglichkeiten der Formgebung für Repräsentationen
von Wissensinhalten auch gezielt genutzt werden müssen. Außerdem
bin ich gespannt darauf, wie diese neue förmliche Flexibilität
die Inhalte tatsächlich bereichern kann.
3. Meine Internet-Seiten
Ich nutze vorerst nur die Internet-Software als Hypertextsystem.
Das setzt Grenzen, ermöglicht aber auch die Konzentration
auf Wesentliches.
Ich habe "zwischen meinen Büchern" einige Wissensinhalte
angesammelt, die ich direkt nicht in den Büchern verwende
(weil das den jeweiligen inhaltlichen Rahmen sprengen würde
und/oder nicht genau in den Linearisierungs-Roten-Faden paßt).
Sie sind aber in sich so komplex und kohärent, daß
sie sich für diese Art der "grauen" Veröffentlichung
im Internet anbieten. Sie umfassen auch fast alle meine Interessengebiete
von der tiefsten Theorie bis hin zur lebendigsten Anwendung.
Als Navigationshilfe biete ich an:
Die Struktur lasse ich (natürlich überlegt) einfach
wachsen, ich experimentiere und denke parallel über die Theorie
des Hypertextes nach. Beides wird sich ergänzen. Bisher (1996)
sind vorwiegend Texte enthalten, die nicht direkt fürs Internet
geschrieben wurden. Aber ihre inhaltliche Verbundenheit ergibt
sich aus den inhaltlichen Bezügen, die durch meine Interessen
geprägt wurden.
Wichtig ist vielleicht noch zu wissen, daß die Struktur
von mir per Hand eingearbeitet wird. Automatisierung plane ich
nicht. Es ist auch nicht vorgesehen, die Struktur entsprechend
des quantitativen Nutzerverhaltens (Zugriffstatistik) zu ändern.
Eher werde ich entsprechend den Reaktionen der Leser (E-mail,
Gästebuch, Bemerkungen, Persönliches...) die Inhalte
überarbeiten, ergänzen usw....
Ich habe vor - Zeit und technische Möglichkeiten vorausgesetzt
- lesbare Anmerkungen zu ermöglichen. Eine Eintragung ins
Gästebuch meines Philosophenstübchens
ist genauso möglich wie die direkte Kontaktaufnahme über
den Boten "Emil":eMail Achtung:
UNBEDINGT die beiden Buchstaben AT in der Webadresse durch das Symbol @ (AltGr und Q-Taste gemeinsam drücken) ersetzen. Warum?
Ich bin auch gern bereit, weitere Links zu externen Quellen einzubauen.
Vielleicht möchte auch jemand eigene Texte (mit angegebener
Autorschaft selbstverständlich) in meine Seiten mit einbinden.
Entsprechend meiner (begrenzten) technischen Möglichkeiten
und bei inhaltlich akzeptablen Zusammenhängen (gegenseitige
inhaltliche Toleranz, aber auch Paßfähigkeit vorausgesetzt)
sollte dies auch möglich sein.
Insgesamt stellen meine Internet-Aktivitäten keine "Flucht
in die virtuelle Welt" dar, sondern sie ergänzen meine
inhaltlichen Aktivitäten auf schriftlichem Gebiet (Bücher)
und verschiedene Bereiche meines Lebens, in denen ich u.a. auch
philosophische Gespräche führe. Alle Bereiche vernetzen
sich dabei ebenso wie die Texte selbst...
Siehe auch
[Homepage]
[Gliederung]
- Diese Seite ist Bestandteil von "Annettes
Philosophenstübchen" 1996/98 - http://www.thur.de/philo/as14.htm
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