Jetzt erst recht... !!!
Diesmal können wir nicht mehr darauf vertrauen, daß "schon alles wieder gut" werde. Die Hoffnung darauf würde dazu führen, nach Beendigung der "heißen Phase" der Bombardierung wieder zur Tagesordnung überzugehen wie nach den Golfkriegen. Auch Wut und Trotz vieler Kriegsgegner blockieren auf Dauer nur. Angemessener ist vielleicht ein von Ernst Bloch angesprochener militanter Pessimismus. Militanter Pessimismus Nichts wird wieder, wie es war. Nach 8 Wochen Bombenkrieg in Jugoslawien, als "Kosovo-Krise" verniedlicht, ist die Welt eine andere als vorher:
Es deutet sich an, daß die Prozesse im Balkan abgesehen von den blutigen Kämpfen ein Anzeichen für grundlegende Veränderungen sind. Die moderne Weltordnung zerfällt (Vukovic b), die "Moderne" hat ihre zivilisatorische Mission ausgespielt (Lohoff). Die Weltgeschichte hat einen neuen "Bifurkationspunkt" erreicht. Es gibt immer "Potentiale" durch die gegebenen weltpolitischen und -wirtschaftlichen Strukturen, aber die Entscheidung zwischen relativ stabilen "Ruhelagen" fällt in den Bereichen, in denen im übertragenen Sinn eine Kugel auf Gipfeln oder Berggraten in die eine oder in die andere Richtung rollen kann. Kleine Ursachen und Anlässe haben dann weitreichende globale Veränderungen. Während in den letzten 50 Jahren die Friedensfähigkeit der großen Gesellschaftssysteme vorwiegend durch das System der gegenseitigen Abschreckung aufrechterhalten wurde (abgesehen von den vielen "kleinen" Kriegen in dieser Zeit), hat sich dieses Potential nach 1990 entscheidend verändert. Es ist zu fragen, welche Potentiale der Friedensfähigkeit für den jetzt global herrschenden Kapitalismus als angebliches "Ende der Geschichte" möglich sind. Hierzu sind alle Register der innerkapitalistischen Friedens- und Konfliktforschung zu ziehen, auf den Punkt zu bringen, durchzusetzen. Bisher haben viele von uns ja auch eher "schwarz-weiß" gedacht: "Sozialismus=Friedensgarant / Kapitalismus= Kriegstreiber". Deshalb haben wir uns keine Gedanken über die Zwischenstufen gemacht: Welche Möglichkeiten im Völkerrecht, UNO etc. gefunden wurden, um Frieden zu schaffen und zu erhalten. Klar kann man heute auch sagen: "In einer kapitalistischen Welt wird es immer weitergehen, der kriegerisch-barbariche Untergang dieser/unsrer Zivilisation wurde mit den Bomben auf Belgrad eingeleitet - die einzige Alternative wäre eine (nach neuem Modell) sozialistische Welt". Aber ich denke, es kommt darauf an, die auch IM Kapitalismus bisher erarbeiteten Ansätze wieder neu zu entdecken aus der Verschüttung, weiterzuverfolgen, weiterzuentwickeln. Wir können z.B. anfangen beim Konzept der GRÜNEN von 1996, wo sie selber noch von einer "Zivilisierung der Außenpolitik" sprachen und sich auf oben erwähnte Friedens- und Konfliktforschungsansätze bezogen. Dadurch wird das Denken von der schlechten Alternative (NATO-Bomben / Milosevic-Verbrechen) auf einen umfassenderen Horizont gelenkt (Anwendung älterer und Suche nach neuen nichtmilitärischen Konfliktbewältigungsformen). Erstens können wir damit schon einen großen Teil der heute herrschenden Demagogie entlarven, weil klar wird, daß nicht einmal diese ausgereizt wurden und z.T. die ganze Zeit schon auch systematisch verschwiegen, unterbelichtet werden (auch von und bei vielen Linken). Zweitens kommen dann natürlich die Fragen: WARUM wird das erstens nicht ausgereizt, weiterentwickelt und dann noch weiter: WARUM ziehen viele dieser Versuche dann vielleicht doch nicht endgültig? Beide Warums leiten zur Kritik der Ursachen (Kapitalismus) - aber vermittelt über das konkrete Problem und nicht abstrakt (weil wirs ja aus dem "Wesen des Kapitalismus" abstrakt herleiten und wissen können). Wenn wirs nicht auch konkret vermittelt darlegen können, nützt uns das abstrakt-allgemeine Prinzip, seine Anwendung als Schema nicht viel außer uns ein gutes (?) Gefühl der Besserwisserei zu geben. Militanter Optimismus Gerade weil keine Hoffnung mehr besteht, daß es so weitergeht wie vorher, müssen wir uns neu orientieren. Vielleicht ist das Ende der menschlichen Zivilisation eingeleitet, die Kugel in die Richtung der Endzeit-Barbarei - wie in vielen Science-Fiction-Filmen vorgeahnt - gerollt. Gerade dann macht es Sinn, nicht einfach weiterzuleben wir vorher, sondern die letzten Zipfel einer Alternative anzupacken und sie weiterzuentwickeln. Die Potentialveränderung hat auch in anderen Gebieten als den Gefahren Veränderungen mit sich gebracht:
Letztlich erzeugen auch die eigentlich sehr pessimistisch zu bewertenden Faktoren die Möglichkeit eines "Überschießens". Diese weiterführenden Möglichkeiten realisieren sich nicht automatisch, sondern nur, wenn wir sie bewußt ergreifen und vorwärtstreiben. Siehe auch: Oder:
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Erst mal wieder |